Basisdemokratie - Alle bestimmen bei allem mit?

Bernhard M. Huber, Januar 2025

Im Artikel zum Problem repräsentativer Umfragen wird dargelegt, dass man von der Meinung einer Gruppe von Bürgern (Stichprobe) nicht auf die Meinung aller Bürger schließen kann, denn jede andere Gruppe würde eine andere Meinung äußern, da sie mit anderen Menschen besetzt wäre. Die Gesamtheit der Bürger ist eben nicht homogen. Statistik funktioniert mit Schrauben – nicht mit Menschen. 

Eine ganz ähnliche Situation ergibt sich, wenn eine Gruppe von Menschen eine Entscheidung treffen soll, die – im Falle der repräsentativen Demokratie (Rechtsleben) – für die Gesamtheit aller Bürger gleichermaßen gelten soll. In aller Regel sind das die von den Bürgern gewählten Parlamentarier. Die Parlamentarier sind aber nur eine „Stichprobe“ aus der Gesamtheit aller Bürger, also nicht wirklich repräsentativ.

Es gibt drei Gründe, warum die Parlamentarier die Bürger Deutschlands nicht repräsentieren:

(1) Nach dem Grundgesetz ist es verboten, dass der Gewählte seine Wähler repräsentiert:  

GG Art. 38 [Wahl] (1) […] Sie [die Abgeordneten] sind Vertreter des ganzen Volkes, an Auf-träge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen. 

Da erhebt sich die Frage, wie ein Abgeordneter die Wähler vertreten soll, wenn er nur seinem individuellen Gewissen unterworfen ist. Der Wähler kann ihm keine Weisung geben, wie er in eine bestimmten Fall abzustimmen hat! 

(2) Die Abgeordneten nehmen aber doch Weisungen an:

Es gibt da einen Begriff, den es gar nicht geben dürfte: Fraktionszwang. Es ist eine für alle sichtbare Tatsache, dass es bei wichtigen Abstimmungen innerhalb einer Fraktion keine abweichenden Stimmen gibt. Das heißt: Bevor es im Parlament zur Abstimmung kommt, wird in der Fraktion festgelegt, wie sich die gesamte Fraktion zu verhalten hat. Das ist eindeutig grundgesetzwidrig! Interessiert aber offensichtlich niemanden. Wie kann man nun die eventuell „widerspenstigen“ Mitglieder auf Fraktionslinie zwingen? Ganz einfach: „Wählst du nicht wie abgemacht, verlierst du deinen Listenplatz.“ Die politische Karriere wäre damit zu Ende.

(3) Ein weiterer Umstand stellt die parlamentarische Arbeit in ein „besonderes Licht“:

Der Normalzustand im deutschen Parlament: In aller Regel sitzen die Parteichefs und weitere Parteimitglieder auf der Regierungsbank (Minister, Kanzler). Das ist die Exekutive. Alle anderen Parteimitglieder (Abgeordnete) bilden die Legislative. Die Aufgabe der Legislative ist es, Gesetze zu beraten und zu verabschieden und die Exekutive bei der Ausführung dieser Gesetze zu überwachen. Das bedeutet, die Parteimitlieder überwachen ihre eigenen Chefs. Das ist eine „interessante“ Konstellation.

Kann Basisdemokratie überhaupt funktionieren? 

Die vielen Entscheidungen, welche in der aktuellen Politik tagtäglich gefällt werden, würden den orthodoxen Basisdemokraten in arge Bedrängnis bringen: (A) Hat er überhaupt die Zeit sich mit allen anstehenden Entscheidungen auseinanderzusetzen und (B) hat er immer die fachlichen Kenntnisse den Inhalt und die Wirkung einer anstehenden Entscheidung zu beurteilen? In unserer parlamentarischen Demokratie gibt es dieses Problem nicht, weil wir gezwungen sind den gewählten Volksvertretern zu vertrauen.

Diese Problematik erscheint aber schlagartig in einem ganz anderen Licht, wenn wir uns fragen, über was denn im Parlament tagtäglich x-fach abgestimmt wird.

Im Sinne der Sozialen Dreigliederung ist die gegenwärtige Gesetzgebung für die meisten Entscheidungen gar nicht zuständig! Denn sie greift sowohl in unser freies Geistesleben ein (z.B. Staatsschulen) wie auch in unser Wirtschaftsleben (Lobby-Förderung, ständig neue Regeln und Steuern, Staatsschulden etc.). 

Erst wenn wir die Politik auf ihre Hoheitsaufgaben reduzieren (Schutz und Sicherheit), wird eine echte Basisdemokratie möglich. Denn die meisten bisherigen Entscheidungen im Parlament fallen einfach weg. Der „Rest“, also die Entwicklung und Verabschiedung jener Gesetze die tatsächlich alle Bürger gleichermaßen betreffen, ist naturgemäß ein längerer Prozess, der unter breiter Mitwirkung aller Bürger stattfinden kann. Damit wir Bürger das notwendige Wissen für anstehende Gesetzesentscheidungen entwickeln können, delegieren wir die Aufbereitung und Darstellung aller notwendigen Informationen an unabhängige, ausgewogen besetzte Fachräte. Wir delegieren also nicht die Entscheidung, sondern die Entscheidungsgrundlagen!

Jetzt funktioniert Basisdemokratie!

Wir alle sind nun in der Lage per Volksentscheid sachgerecht über die Gesetze abzustimmen, die für uns alle gleichermaßen gelten. Damit ist das Volk die legislative, gesetzgebende Kraft und Parteien und Parlament sind überflüssig. Die exekutiven, ausführenden Kräfte und die judikativen, richterlichen Kräfte werden in passender Weise bestimmt.

Liebe Leser, wie sehen Sie das? Schreiben Sie mir:  Bernhard.Huber@soziale3gliederung.com

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